Samstag morgen im Supermarkt: Eltern mit quengeligen Kleinkindern und gestresste Berufstätige schieben ihren überfüllten Einkaufswagen durch den Laden. Mit dabei: Lisa, eine Studentin, die für die kommende Grillparty etwas Leckeres mitbringen soll. Lisa bleibt an der Gemüsetheke stehen – auf der Suche nach einem preiswerten, gut aussehenden Salatkopf. Der leuchtend grüne Romanasalat fällt ihr sofort ins Auge; dass er in Plastikfolie eingepackt ist, ist für sie nebensächlich.
Wenn wir hier noch eine Weile die Menschen in ihrem alltäglichen Trubel beobachten, können wir wahrnehmen, dass der Verpackungsmüll heutzutage ein enormes Ausmaß angenommen hat. Nicht nur Lisa, auch viele andere Menschen wählen Plastik und verwandeln die Verpackungen zu Hause im Handumdrehen Müll – insgesamt über 37 Kilo pro Person und Jahr. Was kann Lisa, was können wir dagegen tun?
Umgang mit dem eigenen Müll
Im Uni-Seminar „Zero Waste City Tübingen?“ suchten wir nach einem Lösungsansatz. Dabei fokussierten wir uns auf Menschen, für die das Thema Müll im Alltag nicht präsent ist und befragten Passanten über ihren Umgang mit Müll. Daraufhin entwickelten wir ein Konzept: Die Tübinger Green Card. Sie soll Aufmerksamkeit aufs Thema lenken und neue Handlungsoptionen schaffen.
Bei der Green Card handelt es sich um eine Punktekarte. Bei jedem Einkauf werden unverpackte oder nachhaltig verpackte Artikel an der Kasse automatisch registriert, und für jeden Artikel gibt es eine bestimmte Punktezahl. Diese Punkte werden auf der Karte gesammelt, um sie später in attraktive Prämien einzutauschen. Die sind unterschiedlich, fördern aber immer die Müllvermeidung und das Umweltbewusstsein.
Unverpackt einkaufen mitten in der innenstadt
Im nächsten Schritt präsentierten wir Lisa und vielen weiteren Bürgern unsere Tübinger Green Card und erlebten, dass die Karte durchweg positiv ankam. Weil sie Menschen motivieren kann, weniger Müll zu produzieren. Und das auf unterschiedliche Weise.
Sinnvoll wäre beispielsweise verpackungsfreies Einkaufen. Doch das ist derzeit nicht so leicht. Da die meisten Unverpackt-Läden – wie der in Tübingen – mitten in der Stadt liegen, sind sie nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen. Für eine Mutter mit mehreren Kindern, die ihren wöchentlichen Großeinkauf dort tätigen möchte, stellt das eine große logistische Herausforderung dar. Sie fährt dann lieber doch mit dem Kombi zum Supermarkt. Hier kann unser Konzept ansetzen und die Greencard ein attraktives Angebot schaffen. Durch Frei-Haus-Lieferungen mit dem Lastenrad etwa oder durch andere Vergünstigungen.
Vermutlich wird die Green Card erst einmal nur ein Konzept bleiben. Doch wir glauben, dass die Idee Potenzial hat und dass die positiven Anreize zur Müllvermeidung der richtige Weg sind. Und wenn unsere Green Card dann wirklich kommt, dann laden wir dich herzlich ein, mitzumachen. Denn Müll ist etwas, für das wir letztendlich alle verantwortlich sind.
Text und Fotos von Laura Honold und Nina Sprißler
19.07.2019