Hast du schon mal eine Schlange gesehen, die 326 Kilometer lang ist?

Es ist die Einwegbecher-Schlange. Sie entsteht, wenn ich alle Einwegbecher nebeneinanderstelle, die innerhalb eines Jahres in Tübingen verkauft worden sind. Die Schlange reicht bis nach Koblenz oder Bern. Dabei ist Tübingen eine kleine Stadt. Wer nutzt die ganzen Einwegbecher hier?

Nun, in der Universitätsstadt leben einige Studenten – genau genommen sind es dreißig Prozent. Das sind mehr als 27000 Menschen, die sich täglich unterwegs etwas zu essen oder einen Kaffee kaufen. Und hier kommen Einwegverpackungen und To-Go-Produkte ins Spiel, die auch in Tübingen immer mehr werden.

Stichwort Usability


Will man das Einweg-Problem jetzt angehen, kann man versuchen, eine riesige Infrastruktur zu installieren, also Pfandrückgabesysteme und Co. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sind die eventuell eine Lösung. Allerdings sind auch schon viele Projekte in dieser Richtung gescheitert – Stichwort Usability!

Cleverer wäre es unserer Ansicht nach hingegen, Abläufe so zu verbessern, dass Studenten und Tübinger nur wenig Aufwand damit haben. So könnte man ihnen beispielsweise Einweggabeln aus Ökomaterial anbieten, statt sie einfach zu verbieten. Das schränkt niemanden ein und ist trotzdem besser für die Umwelt. Mit solchen Kompromissen könnte Tübingens Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit vermutlich am besten realisiert werden.

Mit Plastik Energie gewinnen?

Um eine Idee zu entwickeln, machten wir zu Beginn einige Interviews mit Tübinger Passanten. Und obwohl wir dachten, das Thema wäre in dieser Stadt inhaltlich durchdrungen, bekamen wir dabei so manche „alternativen Fakten“ aufgetischt. „Ich kaufe lieber Plastik statt Papiertüten, da für Papier sehr viele Bäume gefällt werden. Plastik wird ja verbrannt und kann für die Energiegewinnung genutzt werden“ sagte eine Person mit voller Überzeugung.

Eine Herausforderung pro Woche


Darum suchen wir nach einem Produkt, das sowohl die Plastikthematik anspricht als auch mehr Wissen über Müll vermitteln kann. Und damit die Nutzer dieses Produkt auch wirklich nutzen, haben wir uns entschlossen, einen sowieso benutzten Alltagsgegenstand nachhaltig zu optimieren.
So kamen wir auf den Taschenkalender Journal for Future. Er soll Hilfestellungen und Anreize im Alltag geben. Man muss sein Leben nicht komplett auf den Kopf stellen, um ökologischer zu werden, so der Plan.

Das Journal for Future unterscheidet sich in mehreren Aspekten von einem normalen Kalender. Am Anfang eines jeden Monats ist eine Seite integriert, die saisonale und regionale Produkte auflistet – als Einkaufshilfe. Außerdem sind in der Wochenansicht mehrere Kästen integriert, welche kurz und knapp mit gut recherchierten Fakten zur Nachhaltigkeit und zum Thema Müll daherkommen. Das wichtigste aber sind die Wochen-Challenges: Gehe diese Woche in einen Unverpackt-Laden. Oder: Sammle deinen gesamten Müll der Woche ein und wiege ihn. Da dieser Kalender einen Anreiz schaffen soll, öfter nachhaltige Produkte ohne Plastikverpackung zu kaufen, sind Rabattgutscheine von ausgewählten Läden in Tübingen mit in den Kalender integriert.

Noch kann man den Journal-for-Future-Kalender nirgens kaufen. Doch wir glauben, das er das Potential haben wird, die Tübinger (und nicht nur die Studenten) zukünftig ein bisschen aus ihrer Komfort-Zone zu locken.

Text: Elena Bengeßer und Lena Prinz
Foto: Nicola Wettmarshausen
16.07.2019